Hot Girls Wanted, oder: Unbewusstheit als Fetisch

„Gerade Hot Girls Wanted gesehen. Was ist das nur für eine düstere Welt jenseits des Lvstprinzips?“ schreibt mir eine Freundin und ich antworte: „I know, right?“

Fun Fact: nö, wusste ich noch nicht. Ich dachte, ich hätte schon das meiste zumindest mal irgendwie gesehen in sechs Jahren Porn Studies – manchmal bin ich schon ganz schön naiv.

Ich treib mich jetzt wahrscheinlich schon so lange in diesem ästhetisch- menschenfreundlichen fairtrade indie Porn Umfeld herum, dass ich wohl wirklich manchmal betriebsblind für den Mainstream werde und kurz vergesse, was es sonst noch so gibt. Und ein paar der Pratiken, die in Hot Girls Wanted angenehm unsensationalistisch umschrieben werden, will ich hier definitiv nicht nacherzählen. Nicht hier, in meinem kuschelig-feministischen mindful Slow Porn Lvstprinzip Wohnzimmer.

Also nur ein paar knackige Hard Facts am Rande: In den USA wird für Pornographie mehr Geld ausgegeben als für sämtliche Sportereignisse zusammen. Superbowl und so. Porno ist also wirklich genauso omnipräsent, wie uns das immer alle vorkauen. Die meistgesuchte Kategorie ist „Teen“. Und die Macher der Doku gehen davon aus, dass rund 40% aller Pornos gewaltverherrlichend sind.

Es ist, was es ist: jeden Tag werden irgendwo in den USA Mädchen 18 und beschließen, von zuhause aus Dingenskirchen abzuhauen um Pornostars zu werden. Angebot-Nachfrage, c´est la vie. Die Hot Girls Wanted Doku beschönigt nicht, verurteilt aber auch nicht und klagt auch nicht an. Sie zeigt schnelles Geld, latent schmierige aber nicht gänzlich unsympathische Typen und naive nette Mädels zwischen amerikanischem Traum und Desillusionierung.

Und das System Amateurporno, das natürlich oft genau so gescripted und unspontan ist wie jeder andere Porno eben auch.

Was mich an diesem System stört, ist inzwischen gar nicht mal mehr so sehr das sterotyp-stumpfe  Mainstreamporno Rumgeficke, zumindest nicht nur. So supertantrisch wie ich jetzt unterwegs bin finde ich das grundsätzlich mal nicht nur für die Frau erniedrigend und denke mir, dass das für den Mann einfach auch gar nicht so toll sein kann und finde, die sollten halt mal alle mehr Slow Porn schauen!

Was mich dagegen wirklich ankotzt ist dieses Märchen vom huch, da steckt ja auf einmal ein Penis in mir drin? Wo kommt der denn her?  Diese latent übergriffige schleimiger-Süßigkeitenonkel-Story, bei der die Frau so „ausgetrickst“ wird, dass sie dann quasi aus Versehen Sex hat. Huuuch! Allerdings bin ich bis jetzt immer davon ausgegangen, dass die Story so weiter geht, dass es ihr dann auf einmal aus Versehen irgendwie doch total gefällt, weil in ihr ja doch eine total dreckige Schlampe steckt, die halt nur vom richtigen Penis erweckt werden muss. Und nicht von der Regieanweisung „Und jetzt stell dich bitte auch währenddessen möglichst passiv und teilnamslos, wenn sich der Familienfreund deine Unschuld einfach nimmt!“

Ne also sorry, da bin ich irgendwie raus. Scheint aber ein Ding zu sein – Harmatophilia, die Lust an sexueller Inkompetenz.

“Harmatophilia refers to one who is aroused by mistakes or rules being broken…A great majority of men are aroused by their partner having less sexual knowledge or competence than themselves. This bolsters their self-esteem and makes them feel more secure in the relationship. Of course, this preference for sexually inept females can cause some women to either feign incompetence or prevent them from wanting to experiment or learn more about sex”.

Und dann fiel mir ein, woher mir dieses „Huuuuuuuuuch! Ein PENIS?????“ schon wieder so wahnsinnig bekannt vorkam. Genau – 50 Shades of Grey! Immer schön auf den Lippen rumkauen, mal länger überlegen, wofür ein Butt Plug gut sein könnte (It´s a plug. For your Butt.) und dann mal ganz schön wundern über im Endeffekt ziemlich lahmen Sex.

Warum bitte funktioniert das so gut für den Mainstream –  diese Unbewusstheit als Fetisch? Ist es die Angst davor, sich bei der eigenen Lust „ertappen“ zu lassen? Die Angst, es als Typ einfach nicht ganz so hart bringen zu können ? Und wäre es nicht generell ein bisschen erwachsener und cooler und wahrscheinlich schlussendlich auch für alle Beteiligten angenehmer, zur eigenen Lust zu stehen und die total mindful conscious auszuleben?

Danke, nein danke, ich möchte mit niemandem schlafen, der im Bett nicht komplett präsent ist. Schön immer mit allen Sinnen All In gehen, oder es gleich bleiben lassen bitte. Und zwar auch beim Onanieren. Nein, Begehren ist nicht politisch, aber zur eigenen Lust stehen schon.

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Theresa Lachner ist Journalistin, Systemische Sexualberaterin und die Gründerin von LVSTPRINZIP.

5 Kommentare

  • Antworten September 30, 2015

    Jenz

    Ja, das würde ich auch so unterschreiben! Am schönsten im Bett ist es wenn alle beteiligten wissen wer sie sind, was sie mögen und das auch kommunizieren können.. Ich will Sex mit Menschen die mit mir in spannendes Spiel und Interaktion abtauchen und nicht nur daliegen und es passieren lassen..dann kann ich mich auch an meiner zusammengeknüllten Bettdecke reiben. (was manchmal auch schön ist.. ;-) hmm..Decke. Hehe! )

    Ah, und die Seite von Lustcinema gefällt mir auch sehr gut! Hab mich gerade im Trailer wiedergefunden und hab mich sehr gefreut.

  • Antworten Oktober 1, 2015

    Theresa

    Mmmmh…Decke, hahahaha :) famous Girl! Freu mich, dich bald auf der großen Leinwand wiederzusehen! Sehen wir uns am Pornfilmfestival?

  • […] Hot Girls Wanted, oder: Unbewusstheit als Fetisch […]

  • Antworten Mai 31, 2016

    Duda

    Der Trend läuft ja schon eine ganze Weile, dieses Amateur-Verbrennen. Ich denke, da kann man auch nichts dagegen tun. Damit ist das Wichtigste zu dem Thema auch gesagt.

    Ich kann mich an die ersten Clips erinnern: Eine junge Frau, die die – geträu dem amerikanischen Kodex – mit zusammengekniffenen Beinen im Kreuzschritt in irgendeine Situation kam und im Grunde solange angestachelt und aus der Reserve gelockt wurde, bis sie mit einem Aufblitzen in den Augen umgeschaltet hat und sich die Situation entladen hat. Spannungsaufbau bis zur Entladung: Hat prima funktioniert. Inkompetent oder unbedarft waren die eigentlich nicht. Nur durch Normen gebremst. Das hat sich mittlerweile in der Masse und Breite verändert.

    Dass dieser Unbewusstheitsfetisch so durch die Decke geht, ist nicht nur nervig (denn was in Herrgottsnamen soll ich im Bett mit jemandem, der die Aktivität einer frisch-verstorbenen Person aufweist?), sondern ein Stück weit bedenklich*. Denn mit der Medienkompetenz der verehrten Jugend ist es immer noch nicht so weit her, als dass das nicht von jemandem aufgenommen werden sollte. Das sollte besser nicht die Runde machen. Ist das vielleicht die Gegenbewegung zu den mit allen Körperflüssigkeiten und Techniken bewanderten Pornstars früherer Zeiten?

    *Kommentare – der einzige Ort, an dem ich viel zu lange Sätze schreiben darf.

  • […] Mission kennt ihr ja zu Genüge: anstatt uns über schlechte Pornos aufzuregen, sollten wir das Potential dieses Genres erkennen und versuchen, durch gute Pornos und […]

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