Ich mach was mit Porno: Mimi Erhardt von Mimi und Käthe

Kennt ihr diese Leute, die in echt noch so viel schöner sind als im Internet? Ok, ich auch nicht. Und dann kam Mimi. Mimi Mimi Mimi, die wunderbare Mimi Erhardt von Mimi&Käthe. Diese andere Frau da, die im deutschen Internet so viel über Sex schreibt wie ich. Ich war sehr aufgeregt, sie kennenzulernen und dann auch direkt umso verliebter. Für meinen re:publica-Talk  „Geld verdienen mit Selbstbefriedigung? So macht’s die deutsche Sexbloggerszene“ stand mir die wunderbare Mimi Rede und Antwort, und auch die Langversion davon will ich euch natürlich nicht vorenthalten.

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Wie bist du darauf gekommen, das zu machen was du da tust?

Ich arbeite seit vielen Jahren als Journalistin und Autorin in der Pornoszene und bin dort immer wieder mit Situationen konfrontiert worden, die mir gezeigt haben, wie wenig sich Menschen mit Sexualität auseinandersetzen. Sei es ihre eigene oder die ihrer Liebsten. Und ich habe gesehen, wie vorbehaltlos sich viele an der Form von Sexualität orientieren, die sie in Pornos sehen. Ein nicht nur trauriger, sondern auch gefährlicher Zustand, der daher rührt, dass wir zwar angefangen haben, offener über Sex zu sprechen, aber eben nicht über Pornographie. Mit Mimi&Käthe haben wir einen Stein ins Rollen gebracht – indem wir zeigen, dass Pornographie nichts ist, vor dem man sich fürchten, mit dem man sich aber beschäftigen muss, will man das Gezeigte denn nachturnen. Mimi&Käthe zeigt, dass Pornographie etwas ist, von dem man lernen kann und das durchaus auch einen hohen Entertainment-Faktor hat.

Was sind so deine Vorbilder und andere Lieblingsblogs?

Mein Vorbild ist Erika Berger. Sie ist für mich bis heute die Einzige, die in einer für mich glaubhaften Art und Weise über Sex sprach. Ich mag, dass sie so liebe-, verständnis- und respektvoll sämtlichen sexuellen Orientierungen und Spielarten gegenüber war und nie von oben herab sprach. Sie hat die Menschen ans Händchen genommen und ganz sanft ins mögliche Sexglück geschubst, und diese Sanftheit mag ich sehr.

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Andere Lieblingsblogs… Der einzige Blog, der mit meinem Job zu tun hat und den ich gerne lese, ist SLUTEVER von Karley Sciortino. Alles andere ist mir entweder zu seicht oder ich mag den Ton nicht, ich bin da sehr picky.

Sowas wie Partners in crime im Geiste sind Elke und Nicole, die gemeinsam die Printmagazine Jungsheft und Giddyheft rausbringen und für die ich lange gearbeitet habe. Die beeindrucken mich seit Jahren nonstop – eine sexy, witzige und edgy Auseinandersetzung mit der Pornographie als Gesamtkunstwerk. Ich liebe die echt sehr.

Und ich liebe meinen Blog, wenn ich das so sagen darf, da bin ich ganz stolze Mama. Mimi&Käthe ist der einzige authentische Pornographieblog in deutscher Sprache. Das liegt daran, dass wir nicht wie viele andere Blogs, die ab und an mal über Pornos berichten, von außen über eine Szene schreiben, zu der man bis auf ein temporäres Besuchsrecht eigentlich keinen Zugang hat. Mimi&Käthe steht mit einem Bein in der Pornolandschaft, in der traditionellen, totgeglaubten und der jungen mit Visionen, und mit dem anderen Bein im klassischen Journalismus und im Jetzt. Und: Wir selektieren nicht, welche Pornos es wert sind, vorgestellt zu werden und welche nicht.

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Solange ich mich mit dem Konzept, den Drehbedingungen und dem Verhaltenskodex eines Labels seinen Darstellern, Regisseuren und restlichen Team Members gegenüber anfreunden kann, stelle ich gerne alles vor. Das können selbstverständlich queere und Fairtrade-Pornos wie SCHNICK SCHNACK SCHNUCK sein, aber auch ganz klassische deutsche Pornoformate wie „Stadtficker“ oder die „Bumsbus“ Reihe vom großartigen Tim Grenzwert. Gerne auch Pisse- und Gangbang-Orgien von John Thompson oder wundervolle Pornofilme aus den Siebzigern und Achtzigern, die heute so gerne belächelt und auf die krasse Schambehaarung der Akteure reduziert werden – das alles ist Pornographie, und solange es Menschen gibt, die darauf stehen, haben diese Produktionen eine absolute Daseinsberechtigung in meinem Blog.

Davon ab mag ich Food- oder Interior Design-Blogs. Nach einem typischen Arbeitstag voller Riesenschwänze, Pink und aufgerissener Ärsche mag ich nichts mehr sehen, das auch nur annähernd mit Sex zu tun hat.

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Woher holst du dir Inspiration?

Online. Und aus Gesprächen mit Freunden und Kollegen aus der Porno- und Sexworkerszene.

Wie reagiert dein Umfeld auf deine Arbeit?

Gut, sind alle sehr stolz auf mich.

Wer bekommt das überhaupt alles mit?

Alle, die mich kennen, Freunde, Familie, Kunden. Ich brenne für meinen Job, also dürfen es gerne alle wissen. Ich stehe mit meinem Gesicht für meinen Blog, etwas anderes wäre nicht glaubwürdig. Ich bin diesen Schritt allerdings erst gegangen, nachdem für mich klar war, dass ich meine berufliche Nische gefunden habe. Im Porno zu arbeiten und öffentlich dazu zu stehen, ist riskant. Ich habe schon Karrieren scheitern sehen, weil Leute vor 20 Jahren mal für Pornomagazine gearbeitet haben und das durch diese schreckliche Google-Schnüffelei, die heute leider Usus ist, rauskam. Als für mich feststand, dass ich mir lieber beide Beine abhacken würde als für ein Unternehmen zu arbeiten, das meine Vita gezielt auf mögliche „Vergehen“ stalked, habe ich beschlossen, in die Offensive zu gehen.And here we are.

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Ich nutze ein Pseudonym. Im Porno zu arbeiten ist etwas anderes als für Frauenmagazine über Sex zu schreiben, weil die Klientel anders ist, in meinem Fall manchmal ein wenig problematisch. Es gibt in meiner Branche leider Leute, die den Autor als realen Menschen und die Dinge, über die er schreibt, nicht auseinanderhalten können. Insofern muss ich mich schützen. Davon abgesehen, nennt mich eh jeder Mimi, ewig schon. Mein „Nachname“ ist eine Verbeugung vor Heinz Erhardt, den ich von Herzen verehre.

Wer arbeitet alles für dich?               

Aktuell arbeiten fünf Fotograf*innen für mich, sowie acht Autor*innen, wobei ich zwei davon gerade erst rekrutiert habe, zwei sehr talentierte, junge Autorinnen. Auf ihre Texte freue ich mich jetzt schon riesig. Ein gutes Team ist mir extrem wichtig, besonders jetzt, da meine ehemalige Blogpartnerin Käthe nicht mehr dabei ist. Ich habe drei Blog-Posts pro Woche, was ein großer redaktioneller und planerischer Aufwand ist, das würde ich ohne mein mega Team gar nicht stemmen können. Was ich außerdem liebe, ist der Austausch mit meinen Leuten.

Was würdest du dir von der Szene wünschen? Was würdest du gern lesen, was es noch nicht gibt? 

Ich nehme an, mit „Szene“ meinst du die Sexblogger*innenszene. Da muss ich dir sagen, dass ich mich zu dieser Szene nicht zugehörig fühle, eigentlich zu gar keiner Szene, die Pornobranche ausgenommen. Ich habe schon immer mein eigenes Ding gemacht, das liegt mir mehr. Was mich aber freut, ist, dass gerade dank der zum Teil sehr gut gemachten Sexblogs insgesamt viel offener über Sexualität gesprochen wird, das ist ein guter Schritt in die richtige Richtung.

Tausend Dank für das Interview, du in wirklich jeder Hinsicht wahnsinnig wunderschöne Mimi!

Fotocredits: Sarahlikesprettygirls, Ika Fan und Ferdie Binger

Theresa Lachner ist Journalistin, Systemische Sexualberaterin und die Gründerin von LVSTPRINZIP.

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