Neulich war ich auf einer Party. Ein Bekannter wurde 40. Seit kurzem datet er eine Frau, die halb so alt ist wie er. Überhaupt waren in der Runde fast nur Männer mit deutlich jüngeren Frauen unterwegs. Keine Wertung, eine Feststellung. Jeder nach seiner Façon. Auffällig war nur, dass sofort über eine Frau gelästert wurde, die das gleiche Muster für ihr Leben in Anspruch nimmt wie die anwesenden Kerle. Sie war um die 40, ihr Partner locker zehn Jahre jünger. So what? Mir wäre das gar nicht aufgefallen. Wenn da nicht die ätzenden Verbalattacken anderer Frauen gewesen wären, die sich über den angeblichen Toyboy lustig machten oder ihr unterstellten, mit ihrem Alter ein Problem zu haben.
Dass schlechte Klatschblätter sich etwa über die Moderatorin Caroline Beil, die mit 50 noch ein Kind mit einem jüngeren Partner bekommen hat und unsere Heidi – Nationale – Klum echauffieren, die seit einiger Zeit eine Vorliebe für jüngere Typen zeigt, ist irgendwie zu erwarten. Das treibt wohl die Auflage. Was mich jedoch wurmt, sind abfällige Wertungen in einigen ach so liberal-aufgeklärt bürgerlichen Kreisen über Frauen, die einfach nur das Recht auf freie Partnerwahl ausüben. Doch wenn sie sich für jüngere Männer entscheiden, ist das Geschrei immer noch groß. „Das ist doch eh nur ein Toyboy, vielleicht bezahlt sie ihn“. „Die Frau hat einfach ein Problem mit ihrem Alter“. „Warte mal ab, das dauert keine zwei Monate“. Nur drei von zahlreichen abfälligen Bemerkungen, die ich an dem Abend aufschnappte. Die traurige Wahrheit ist: Beim Partnerthema herrschen noch Stereotypen wie aus den 50er Jahren. Auf die Idee, dass jüngere Männer ältere Frauen klasse und attraktiv finden können, kam hier keiner. Genauso wenig wie auf die vielen guten Argumente, warum jüngere Typen für gestandene Frauen die besseren Partner sein könnten. Das würde ja das eigene Weltbild ins Wanken bringen.
Die sexistische Frauenabwertungsmaschinerie war in vollem Gange. Zum Kotzen. Ich konnte mir das nur so erklären: Entweder hatten diese Weiber ein Partnerbild aus den 50er Jahren im Kopf, wo er selbstverständlich älter war und die Kohle nach Hause brachte. Oder sie waren vielleicht schlicht neidisch. Letzteres könnte ich sogar nachvollziehen. Nur liebe Frauen, wer hindert Euch, einem solchen Beispiel einfach zu folgen?
Weg mit den Blockaden im Kopf
Meine 40er waren in Bezug auf Partnerschaft nicht gerade die beste Zeit meines Lebens. Männer in meinem Alter, die sich für gleichalte Frauen interessierten, waren rar gesät. Egal in welcher Stadt ich lebte. Irgendwann hatte ich die Schnauze voll. Ich begann mich auf Dating-Seiten rumzutreiben. Und von Anfang an bekam ich relativ viele Zuschriften von deutlich jüngeren Männern. Damals schoss ich die Mails noch alle direkt in den digitalen Papierkorb. Bis ich mit einer Freundin bei zwei guten Flaschen Rotwein darüber debattierte, was eigentlich dagegen sprach, jüngere Typen zu daten? Nämlich nichts. Außer unsere eigene Blockade im Kopf.
Meine legte ich nach jenem Abend blitzschnell ab. Die erste Affaire mit einem jüngeren Partner hatte ich mit einem Bauunternehmer, den 12 Jahre von mir trennten. Was nie ein Problem oder Thema war. Es ging um unkomplizierten Spaß, nicht um Familiengründung. Ein paar Monate lang bekam ich samstags von ihm Besuch und ließ mich ins Nirwana vögeln. Außerhalb des Bettes war das Quatschen unkompliziert. Uns einte auch noch der gleiche Humor. Es gab keine Peinlichkeiten, ich konnte sein wie ich war. Mit allen Dellen, Bäuchlein oder hängenden Möpsen. Spielte für ihn keine Rolle. Schon aber, dass ich wirklich Spaß am Sex hatte, ihm das zeigte und – sagen wir mal – ziemlich offen für Experimente war. Er fand ältere Frauen einfach heißer, weil sie souveräner seien und wüssten was sie wollten. Bei jüngeren störte ihn häufig, dass sie im Bett zu passiv waren oder versuchten, ihm krampfhaft zu gefallen. Mit der lockerer Atmosphäre zwischen uns hatte das wenig zu tun.
Sexuell gesehen kann es für Frauen gar nicht besser laufen als mit jüngeren Männern. Zum einen sind sie aufgeschlossen und haben immer auch die Lust der Frau im Blick. „Wham bam thank you Ma’am“ erlebt man mit jüngeren eher selten. Im Gegenteil: Jüngere Männer wollen explizit wissen, wie sie einer Frau Lust verschaffen und bekommen auch kein Muffensausen, wenn dabei mal ein Sextoy zum Einsatz kommt. Zum anderen korrespondiert ihr Lustpegel besser mit dem der Frauen. Entgegen aller Vorurteile nimmt das Verlangen von Frauen mit zunehmendem Alter nämlich nicht ab, sondern eher zu. Wovon sich gleichaltrige oder ältere Männer eher unter Druck gesetzt fühlen. Jüngere Männer bedienen auch eher die Sehnsucht von Frauen nach Abwechslung. Ich kenne einige Geschlechtsgenossinnen, die erst mit einem jüngeren Partner alternative Partnermodelle wie offene Beziehung oder Partnertausch ausprobiert haben. Während ältere Männer gerne mal fremd spielen, soll die Frau zu Hause aber bitte ganz brav nur ihnen zu Diensten sein. Pah.
Wie Porno die Frauenwelt auch positiv ändern kann
Pornhub hat vor einiger Zeit eine Umfrage gemacht, nach welchen Begriffen am meisten gesucht wird. Dabei stehen „Milfs“, „Mature Women“ und „Step Moms“ hoch im Kurs. Nicht nur in Deutschland, sondern auch international lässt sich der Trend zur (sexuell) erfahrenen Frau belegen. Cougars sind also der letzte heiße Scheiß. Yeah!
Wer hätte gedacht, dass Porn-Kategorien Frauen sogar mal behilflich dabei sind, tollere Typen zu daten? Ohne die immer noch ansteigende Welle von Sexclips mit reifen attraktiven Frauen hätte es vermutlich weder die Fernsehserie „Cougar Town“ gegeben, noch wären die Produzenten von „James Bond“ auf die Idee gekommen, Monica Belluci mit 50 als Bond-Girl zu besetzen. Die superheiße Italienerin ist übrigens auch gerade laut Klatschblättern in einer Beziehung mit einem deutlich jüngeren Mann.
Offenheit statt Machoallüren
Ich jedenfalls habe nach meiner ersten Affaire nie wieder gleich alte oder ältere Männer gedatet. Dabei geht es nicht nur um Sex, der im Zweifel mit jüngeren Männern besser ist. Weil ihre Libido- Kurve einfach besser zu der von Frauen passt, die meist erst mit zunehmendem Alter anfangen, ihre Lust voll auszuleben. Spannend finde ich auch, dass jüngere Kerle deutlich weniger feste Ansichten darüber haben, wie Paarbeziehungen und Rollenverhalten auszusehen haben. Sie scheren sich einen Dreck darum, was andere Leute sagen. Und werden auch nicht impotent, wenn die Frau an ihrer Seite mehr Geld verdient als sie. Die Frau darf auch im Bett gerne mal die Regie übernehmen, ohne dass es ihrem Ego schadet. Das ganze Machogehabe, wer die geilste Frau hat, das schnellste Auto, das größte Haus, spielt bei jüngeren Typen eine viel geringere Rolle als bei Männern in meinem Alter.
Inzwischen bin ich Mitte 50. Als ich vor 15 Jahren anfing, mich bei Männern neu zu orientieren, dachte ich, das sei eine Phase, die irgendwann spätestens mit 50 aufhört. Aber nix da. Ich habe noch nie aktiv suchen müssen. Ich werde immer noch zuhauf angesprochen und angemailt. Eigentlich sogar noch mehr als vor zehn Jahren. Im Nachhinein würde ich sogar behaupten: Das Desinteresse von Männern meines Alters war das Beste, was mir passieren konnte. Die Beziehungen zu jüngeren Männern haben mir nicht nur ein neues Selbstbewusstsein verpasst und meine Souveränität gestärkt. Sie haben mich auch eine neue Form kraftvoller Weiblichkeit entdecken lassen.
Frauen müssen auf gar Nichts mehr warten. Sie dürfen einfach machen, was sie wollen. Egal was irgendwelche Lästerschwestern von sich geben. Power to the Cougar!
Suzette Oh ist eine Erfindung von Ingeborg Trampe, die von RTL jüngst als „DIE Erotikautorin Deutschlands“ bezeichnet wurde. Nach zahlreichen Führungsstationen in der Werbebranche lebt und arbeitet sie heute als selbstständige Journalistin, PR-Beraterin und Autorin in Hamburg. Die Abenteuer von Suzette Oh schrieb sie in Hotelzimmern und angemieteten Wohnungen in Berlin, Hamburg, Paris und auf Sylt. Zum Leidwesen mancher Mitmenschen mag sie französische Dialogfilme und singt gerne Jazz und Chansons. 2015 erschien ihr erster Erzählband »Pussy Diary« (Droemer Knaur), ihr Erotikroman „Secret Dreams – Hotel der Lust“ ist Mitte 2016 bei Piper erschienen. Derzeit arbeitet sie an ihrem dritten Buch.
Auf Lvstprinzip hat sie bereits über Mieses Sex-Karma gebloggt.
Text: Suzette Oh
Autorinnenfoto: Antje Jochum
BB
Oh Mann, danke für diesen Beitrag oder auch “Amen Sister”.
Habe auch festgestellt, dass mit über 50 für Frauen das Sexleben richtig gut sein kann.
Ein Hoch auf die Cougars.
Und ich bin froh, dass es solche Beiträge und auch Blogs wie diesen gibt. Ich liebe diese frechen und frischen Ansichten.
Conny
hallo, zufällig die Seite gesehen und für Klasse befunden. Ich war 26 Jahre mut einem jüngeren Mann verheiratet und es war super schön. Man achtet mehr auf sich und so what: Ich will keinen älteren Mann daten. Ich will einen jüngeren Mann haben. Warum nur die Männer? Leben wir in der Steinzeit? Ich lerne nur junge Männer kennen und ganz ehrlich wir sind freier in unserer Sexualität. Das ist nur der Neid von den Frauen. Ich genieße es!
Beate Kalmbach
In einer Phase der Neuorientierung (nicht ganz freiwillig) ein echter Hoffnungsschimmer. Ich denk darüber nach. Danke :)
Theresa
Sehr gerne! Neuorientierungsphasen sind ja auch immer potentielle Horizonterweiterungsphasen.
Alena
Hi,
jede/r so wie er mag. Was ich mich frage: was ist mit den Ü40er Frauen, die eben nicht die sexuelle Revolution oder Befreiung feiern wollen, sondern einfach einen Partner, der mit ihr zusammen wachsen will? Die fällt schlussendlich durch alle Raster, denn die gleichaltrigen und älteren interessieren sich nicht für sie und die jüngeren nur, wenn sie ihre Lustfantasien teilt. Wenn frau dann noch Kind haben möchte, ist der Zug abgefahren.
Nice. So sieht das aus, wo ist das Sprachrohr für solche Frauen…