Okay, Hand aufs Herz: bei wie vielen prätentiösen Dinner-Einladungen in letzter Zeit hast du dich vor lauter Langeweile über Qualität und Herkunft des Essens unterhalten?
Bei allen? Ja, ich auch. Wenn´s dann mal wieder eine Viertelstunde lang um die buttrigste Butter von der glücklichsten Kuh geht, fang zumindest ich immer reflexartig an zu tindern, bis sich jemand beschwert, dass ich ja gar nicht so richtig da bin mit dem bösen Smartphone und so.
Versteh mich nicht falsch: ich will selbstredend auch, dass die Kuh glücklich ist. Ich spiele sogar mit dem Gedanken an eine Kuhpatenschaft, konnte mich bis jetzt nur noch nicht für die richtige Kuh entscheiden…Rosi oder Pamela? Sind halt beide süß! Aber ich finde es manchmal schon ganz schön lustig, wie sehr wir unsere Konsumentscheidungen beim Essen fetischisieren können, und wie inkonsequent wir gleichzeitig werden, wenn es um ein anderes Grundbedürfnis geht: unsere Sexualität.
Wir haben Mitleid mit Tieren in Käfighaltung, aber wie sieht´s eigentlich so bei Menschen aus? Denn auch ganz andere fleischliche Genüsse werden manchmal zu höchst undurchsichtigen und oft unwürdigen Bedingungen produziert: Pornos. Die Branche ist nicht gewerkschaftlich organisiert, und so arbeiten die Darsteller bei ziemlich unterschiedlicher Bezahlung oft unter erheblichen Gesundheitsrisiken.
Sex ohne Kondom vor der Kamera? Der Kunde will es so. Ach echt? Auch die gezeigten Praktiken müssen immer extremer werden, um Aufmerksamkeit zu erregen. Jemandem einen Güterzug in den Arsch fahren lassen? Ich weiß wirklich nicht, was man sich sonst noch ausdenken könnte beschreibt die ehemalige Darstellerin Dr.Sharon Mitchell lakonisch die Zukunft der Pornoindustrie.
Das lustige daran: laut einer repräsentativen Umfrage von pornresearch.org würden 94 % aller Onlinekonsumenten NIEMALS Geld für Pornographie ausgeben – weil sie, wait for it, das System, das dahintersteckt, ja nicht auch noch unterstützen wollen. In den Worten eines Studienteilnehmers: wenn ich es nicht bezahlt habe, dann ist es auch nicht passiert!
Applaus für so viel Nachhaltigkeitsdenken bei der Selbstbefriedigung! Es scheint wirklich, als müssten wir unser Hirn ein Stück weit abschalten, um nicht darüber nachzudenken ob die doppelpenetrierte Dame in unserem Browser gerade wirklich einen Orgasmus hat oder vielleicht doch eher über ihre Einkommenssteuererklärung nachdenkt. Und ob es den Solariumdude mit den vielen Muskeln wirklich so flasht, auf ihrem Gesicht zu kommen.
Wir achten auf das, was wir in uns hineinstopfen – glückliches Tier, glückliche Butter, glücklicheres Ich? Wann fangen wir an, auf das zu achten, was wir in unseren Kopf, unsere Seele und unseren Unterleib lassen?
Die Antwort ist nicht kein Porno, die Antwort ist: besserer Porno. Indie Porn, Fairtrade Porn, Slow Porn, Queer Porn, Porno für Frauen, Porno für Menschen – es gibt so viele Labels, die für mich alle eins zusammenfassen: Menschlichkeit. Nachhaltigkeit, wenn wir das überstrapazierte Wort schon wieder bemühen wollen. Und vor allem auch: einen guten Geschmack.
Um den zu fördern, werden auf Lvstprinzip die spannendsten neuen Projekte vorgestellt. Weil schöne Bilder uns allen gut tun. Und eventuell sogar ein bisschen Gesprächsstoff für die nächste Dinnerparty bieten, dann wird die vielleicht auch mal nicht ganz so langweilig. Meine Lieblings Fairtrade Pornos gibt´s übrigens zum Streamen bei Lustcinema.
Du wollst noch mehr Sex mit artgerechter Menschenhaltung? Hol dir Kommen mit Stil – den Guide für nachhaltigen Porno – ab sofort exklusiv im Lvstshop erhältlich!
Also lasst uns über guten Geschmack reden, auch beim Porno. Wer ist dein Lieblingsregisseur? Wovon würdest du gern mehr sehen? Bist du selbst Filmemacher und möchtest, dass dein Projekt hier vorgestellt wird? Rein damit in die Kommentare! Keep it clean and classy, Folks!
Photo by Aaron Tsuru (c) Tsurufoto.com
Wendy Wank
Fair-Trade Hardcore SM-Porno find ich gut! Mir fällt kink.com dazu ein. Gibts noch mehr?
Theresa Lachner
Hey liebe Wendy, check doch mal pinklabel punkt te vau! Happy Wanking <3
Gabi
Zuerst mal ‘hallo, ich freue mich, dass Du online bist!’
Also, ich finde die Filme von Erika Lust (Five hot stories for her, Life – Love – Lust) sehr schön und geschmacksvoll. Auch ganz, ganz toll finde ich Headshot, ein Kurzfilm von Jennifer Lyon Bell. Ein Mann bekommt einen Blow Job, aber man sieht nur sein Gesicht – wie er es genießt… Irgendwie ganz spannend! Aber diese Filme haben nicht das gleiche Effekt wie ein Mainstream Porno – if you catch my drift. Sie regen an, ja, aber sie machen nicht schnell und ordentlich geil. Zumindest nicht mich. Aber dafür werden Mainstream Pornos dann wieder ganz schnell fad. Es ist alles gleich, es muss alles schnell und es gibt immer den gleichen Ablauf. Und dann die Frauen, die so übertrieben aufstöhnen, oder sich beim Blasen fast übergeben, und die meistens ziemlich unattraktiven Männer womit frau in der realen Welt nie vögeln würde. Kein Brad Pitt, Hugh Jackman oder Johnny Depp… Und weg ist der Lust nach dem Mac Donalds der Selbstbefriedigung.
Oder auch ganz interessant: Du triffst einen Type, der so oft Pornos schaut, dass er beim Sex nur genug erregt wird wenn es genau abläuft wie im Porno: vor allem schnell und hardcore.
Ich finde Pornografie ein spannendes aber vor allem auch schwieriges Thema. Es ist ganz okay, dass es Pornos gibt. Aber, aber…
Theresa Lachner
Hallo liebe Gabi! Vielen Dank, ich freu mich auch, dass es jetzt endlich losgeht :) Naked Men Happy Women ist ja cool, kannte ich noch gar nicht! Wurde Zeit, dass diese Bildungslücke geschlossen wird.
Jennifer Lyon Bell mag ich auch sehr, auf ihren neuen Film Silver Shoes bin ich schon ziemlich gespannt. Wenn du in einem Sexshop für Frauen arbeitest, ist dir vielleicht ja mal das Feigenblatt Filmsonderheft über den Weg gelaufen: http://www.feigenblatt-magazin.de/das-feigenblatt-filmsonderheft/ ? Das waren viele, viele Pornos zum Sichten damals ;) und ich geb dir recht, ein schwieriges Thema. Aber vielleicht auch gerade deshalb so spannend.
Fairtrade Porn: Schnick Schnack Schnuck ⋆ Lvstprinzip
[…] Sex mit artgerechter Menschenhaltung […]
Slow Porn: Silver Shoes von Jennifer Lyon Bell ⋆ Lvstprinzip
[…] bei denen mehr passiert, als rein-raus. Eine erlebbare zwischenmenschliche Verbindung von schönen Darstellern, denen es dabei sichtbar gut geht. Echte Orgasmen. Und dabei schockierend simple Perspektivenwechsel: mehr Gesichtsausdruck als […]
Urban
Sehr schöner Blog, selbst wenn ich mich für Pornos und Sex anderer Menschen nicht besonders interessiere. Womit wir unser Gehirn füttern, schöne Formulierung und es greift auf, was mir hier auffiel.
Körper auf Bildern, in guter Qualität und schön fotografiert. Das gibts nicht nur von dünnen Menschen, das gibts nicht nur von nicht behinderten Menschen, nicht nur von weißen und nicht nur von Cis Menschen (ja, googlen!). Das gibts auch von dicken und fetten Menschen, von be/verhinderten, von PoCs und Schwarzen, von trans Menschen. Ehrlich gesagt, wenn ich hier das nächste mal vorbeisegle und ich mir wieder “dünn, dünn, dünn, schade” denke wird das hier nur irgendein Blog. Wenn es ich ändert wird es vielleicht ein richtig schöner Blog. Denn ich fütter mein Hirn nur mit fett-positiven Blog.
Theresa
Liebes Fräulein Urban,
danke für deinen informativen Kommentar. Zum Glück hatte meine Diplomarbeit einen Gender Study Fokus und ich verstehe die Befindlichkeiten, die du hier an mich heranträgst. Für mich ist Begehren kein Politikum, ebensowenig wie mein persönlicher Sinn für Ästhetik und Text-Bild-Komposition, den ich nicht gern in ein Schubladenkorsett wie “nicht dick genug” oder “zu weiß” presse, genausowenig wie meine eigene Kleidergröße 40/42. Wenn dir beispielsweise das Model aus dem Blogentry “Dinge mit Gesicht” (https://www.lvstprinzip.de/dinge-mit-gesicht-sextoy-patchy-paul-g5/) nicht dick genug, ist das ja auch primär deine persönliche Wahrnehmung. Skinny Shaming fand ich grundsätzlich noch nie eine wahnsinnig gute Idee. Wenn du mehr über Plus Size und Körperwahrnehmung lesen willst, kann ich dir den Blog und das Buch meiner lieben Freundin “Venus in Echt” (http://venusinecht.com/) ans Herz legen. Auch bei meinem Fotografen Aaron Tsuru, der sich selbst als genderqueer definiert, findest du einen ausführlichen Post zum Thema Körperdiversität: http://tsurufoto.com/post/71971496681/i-love-your-racial-diversity-but-what-about
Ist vielleicht spannender für dich, wenn du dich für Pornos und Sex anderer Leute eh nicht so interessierst. Hope that helps. Ich freue mich wenn du mitliest, und wenn du es nicht tust, freu ich mich auch. Guten Appetit weiterhin!
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