Was wir wollen und was wir kriegen – Reflektionen einer Spätzünderin. Von Luzie

„Mach es doch bitte einfach!“ ist ein Satz, den Luzie in letzter Zeit öfter von mir hört. Die Gute heißt in Wirklichkeit anders, aber bei ihrem Pseudonym drängen sich meinem Quatschgehirn Songtextsätze wie „Mein Glied unterwirft sich der Diktatur deines Mundes, Baby!“ auf, und deswegen geht das auch ziemlich klar. Genauso wie die Tatsache, dass ich jetzt ihr persönlicher Lustcoach bin. Ob sie mir vielleicht mal einen Text für Lvstprinzip schreiben dürfte? Ja, ja, ja, tu es Baby! Oder irgendwer andres tut´s statt dir…

 

Was wir wollen und was wir kriegen – Reflektionen einer Spätzünderin

Männer müssen immer

„Männer meiner Generation stellen sich ständig die Frage, ob sie auch wirklich ein starker Hecht sind.“ Sprachs 2015 ein 26jähriger Kerl, der mich, 10 Jahre älter, gerade ohne mit der Wimper zu zucken klar gemacht hatte. Was? Das klingt ja eher nach voremanzipatorischer Zeit, als die Frauen es noch zu schätzen wußten, was ein Macho so zu bieten hat. Aber nein, Studien beweisen (vgl. How I met your mother): je mehr Ladies die Jungs flach legen, desto mehr werden sie von den Freunden bewundert. Und bemitleidet. Zur gleichen Zeit. Ehe (übrigens kein Vertrag untereinander, sondern einer mit Kirche und/oder Staat) ist ein längst verstaubtes Ideal und sowieso nur ein Stück Papier. Aber schon schön. Wegen der Party halt. Die Mädels seiner Generation – er findet also, ich gehöre da nicht mehr dazu – die hätten ein anderes Problem, nämlich die Schönheitsideale. Ein Bild huscht durch meinen Kopf, nämlich wie er mein Bäuchlein etwas lupfen muss, um da unten alles gut sehen zu können, als ich auf ihm reite. Hm. Die wollen also alle schlank und schön sein die Mitte Zwanzigjährigen. Ach was, hätte ich nicht gedacht. Ihm sind die Maße nicht ganz so wichtig – interpretiere ich mal so – er steht auf ein natürliches Lächeln und die berühmte Wellenlänge. Die war bei uns also da. Ich bin fasziniert, dass er das so schnell erfassen kann, ich bin eine Stunde später noch am überlegen, ob ich überhaupt die Tür aufmachen soll. Ach so, ja, ich habe eine Marotte: ich lade Tinder- oder Joyclub-Dates zu mir nach Hause ein, weil es mir peinlich ist, mit denen draußen gesehen zu werden und weil ich zu faul bin mit ihnen da draußen zu reden und sie zu beschnuppern. Ist das nicht eine wirklich knallhart durchdachte Logik für jemanden, der hypersensibel, mäßig erfahren und zudem noch helfersyndrom-belastet ist?

Frauen wollen immer

Es geht ihm also um das gute Gefühl zwischen den beiden Flirtenden, dann wird aus dem Knutschdate auch ganz schnell Sex. Das passiert in den meisten Fällen, sagt er, selten, dass eine keine Lust hat. Das wundert mich in keinster Weise – im Gegenteil. Die Frauen, die ich kenne, verzehren sich nach GV, wie das auf vielen Webseiten gerne genannt wird. Wenn die Jungs mal (öfters mal) nicht wollen, ist die weibliche Fassungslosigkeit immens. Es gibt zahlreiche Texte zu der Frage, warum die Männer – und ich denke, ich spreche dabei von Männern die vor 1980 geboren sind – scheinbar so verunsichert sind. Eine schöne Aussage dazu habe ich einer Arbeit eines Tübinger Studenten entdeckt. Er sagt, das der Sohn-Mutter-Zusammenhang in der Sozialisierung eine prägnante Rolle spielt: „Der Mann fühlt sich als Mann in der Ablehnung des Weiblichen, d.h. er versucht durch Abgrenzung gegen die Frau (Mutter) Unabhängigkeit zu gewinnen. Danach sind Männer in Bezug auf Bindung grundsätzlich als leicht gestört zu betrachten. Und schließlich kann Bindungsscheu auch als Verknappung verstanden werden, als probate Vermarktungsstrategie.“ An letzterem muss etwas dran sein, warum sonst verzehren sich meine Freundinnen und ich vor allem nach den Männern, die schwer bis nicht zu kriegen sind?

Machen´s Paare noch?

Da sind nun also all die Menschen, die nach einem erfüllten Sexualleben streben und viele von ihnen (die nach 1980 geboren sind, auf jeden Fall) tummeln sich auf Dating Plattformen. Wenn sich dann herausstellt, dass viele der Datingplattformboys and Girls gar keine Singles sind, dann fragt man doch zurecht: gibt es denn noch (genug) Sex in Partnerschaften? Oder: gibt es noch echte, monogame Partnerschaften? Gab es die jemals? In meiner Familien-Fotokiste voller Erinnerungen aus Jahrzehnten liegen eine Menge schwarz-weiße Passfotos von blonden Damen. Als meine Mama mal einen Moment hatte, sagte sie: das sind die Ollen, die dein Papa während der Handelsreisen klar gemacht hat. (oder so ähnlich, sie drückte sich sicher gewählter aus). Es schien ihr nicht wirklich etwas auszumachen, denn bedeutete das ja, dass sie nicht auch noch für die sexuelle Befriedung ihres Mannes alleine verantwortlich war, schließlich war sie es ja schon für alle anderen Bausteine der Maslowschen Bedürfnispyramide. Aber Vorsicht: nicht, dass hier alle denken, ich wäre Freudianer und würde glauben, dass Bedürfnisbefriedigung ausschließlich der Beseitigung eines Mangelzustandes dient. Vielleicht langweilen sich viele Paare einfach, und suchen jenseits der reinen Befriedigung und außerhalb der Beziehung den (absoluten) Genuss ohne dass sie dabei ihre romantische Liebe auch nur ansatzweise in Frage stellen. Genuss – auch wenn er animalisch und während eines One Night Stands stattfinden könnte – setzt aber Bewusstsein und Bewusstheit voraus. Also Bekanntschaft mit den eigenen Wünschen, dem eigenen Körper und den eigenen Grenzen. Tinder und Bewußtsein scheinen sich per se ein wenig auszuschließen, allerdings ist jedes Instrument nur der Diener seines Herren – oder sollte es zumindest sein.

Das Leben als Wunschkonzert

Das heißt: ich werde das Wischen nach links und rechts nicht lassen. Im Gegenteil, denn Übung macht den Meister und ich nutze die moderne Technik, um meinen Wünschen und Leidenschaft auf die Spur zu kommen. „Nimm dir was du haben willst“, sagt die Betreiberin dieses Blogs. „Du musst deine Bedürfnisse kennenlernen (gerne auch mit dir allein), dann musst du dich ausprobieren (gerne auch sehr of)t, dann nimmst du dir, was du brauchst (bitte klar und deutlich sein)“. Wer weiß, was er möchte, bekommt es auch meistens auch. Ich zarte Seele würde es eher so ausdrücken: Da ist doch was dran an den Wünschen ans Universum. Plus: Sich eine Aufgabe zu stellen, eine Strategie auszuhecken und dann die Umsetzung im Auge zu behalten kommt mir aus beruflichen Gründen sehr bekannt vor. Letztlich ist doch alles, was wir tun in irgendeiner Form ein Projekt. Mir persönlich macht diese Sichtweise die Dinge oft leichter, Ängste und Unsicherheiten lassen sich so leichter in den Griff bekommen. Der Plan ist also: Erfahrungen zu sammeln, mich näher kennenlernen, Wünsche sammeln, Grenzen ausloten. Gefühlt ein wenig, die verlorenen Jahre symbiotischer Beziehungen aufholen und mehr Ja als Nein sagen.

 

Yeah Baby, genau so! Luzie hat übrigens auch weiße Zähne, obwohl sie ständig raucht und ist einer der positivsten Menschen, die ich kenne. Ich hab es noch nie geschafft, einen Nachmittag ohne Lachanfall mit ihr zu verbringen. Außerdem ist sie sehr schön und ich leite Liebesbriefe gerne an sie weiter.

Falls auch du gerne ein Lvstcoaching hättest, melde dich einfach per Mail bei mir.

 

Photo: (c) Aaron Tsuru – tsurufoto.com

Theresa Lachner ist Journalistin, Systemische Sexualberaterin und die Gründerin von LVSTPRINZIP.

2 Kommentare

  • […] ist der erste. Sehr schön der Text über die Spätzünderin Luzie. Viele meine Freundinnen könnten Luzie sein. Lvstprinzip hilft vielleicht vielen, überhaupt mal […]

  • Antworten Juli 5, 2016

    Katharina S.

    Ich fühle mich euch echt verbunden und ich würde es genau so schreiben!
    Glg

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