Zehntausend Jahre Sex: Ovids beste Flirttricks

Wissen macht Oooh – zumindest wenn der Geschichtsgrundkurs so überaus amüsant daher kommt wie in Zehntausend Jahre Sex – einem wunderbar skurrilen und liebevollen Rundumschlag durch die Menschheitsgeschichte, die ja auch immer schon eine Geschichte der Sexualitäten war. Exklusiv als Auszug auf Lvstprinzip – Ovids beste Flirttricks.

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Flirten in Rom (2 n.Chr)

Männer, die morgens zu lange im Bad brauchen und sich auffällig um Frisur, Hautreinheit und ihren Look im Allgemeinen kümmern, hatten es auch im alten Rom nicht leicht. »Finde kein Gefallen daran, das Haar mit der Brennschere zu kräuseln, und reibe dir die Schenkel nicht mit rauem Bimsstein glatt.

Nachlässige Schönheit steht Männern«, riet der Dichter Ovid seinen Geschlechtsgenossen in der Ars amatoria (Liebeskunst). Ganz ungepflegt sollte man der Geliebten aber dann doch nicht unter die Augen treten: Schöne Männer putzen sich laut Ovid regelmäßig die Zähne und pflegen ihre Fingernägel, sie haben eine gesunde Sonnenbräune und rasieren sich zumindest an manchen Körperstellen: »Und nicht soll der stinkende Bock, der Herr der Ziegenherde, unter den Achseln hausen.«

Im Jahr zwei nach Christus erschien die Ars amatoria – Gedichtband und Flirtratgeber in einem. Das Buch feierte die Galanterie, die Eleganz, die Erotik und die Großstadt, die das galante, elegante und erotische Leben überhaupt erst möglich machte; weil nur die Stadtbewohner genügend Freizeit hatten, um ihre Sitten zu verfeinern, weil nur in der Urbs Roma gut ausgeleuchtete Bühnen standen, auf denen sich Fremde begegneten und verführten, weil es dort dunkle Ecken gab, in denen alles erlaubt war.

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Gleichzeitig galt Ovid Höflichkeit als wichtigster Wert. Man solle keine Gelegenheit auslassen, schrieb er, der Angebeteten einen Gefallen zu tun oder zu Hilfe zu eilen – auch wenn das eigentlich gar nicht notwendig sei. »Und wenn zufällig – wie es zu geschehen pflegt – in den Schoß des Mädchens Staub fällt, wirst du ihn mit den Fingern abschütteln müssen. Auch wenn kein Staub fällt, schüttle das Nichts dennoch fort.«

Ebenfalls hilfreich seien Komplimente, Geschenke, Dinnereinladungen und hin und wieder ein kleiner Heulkrampf: »Wenn dir Tränen fehlen (denn sie kommen nicht immer im richtigen Augenblick), berühre die Augen mit angefeuchteter Hand.«

Auch für weibliche Leser hatte Ovid jede Menge kluger Ratschläge. Den Ehemann, riet er, könne man im Notfall mit Alkohol oder Medikamenten betäuben, am besten treffe man seine Affäre aber in der Wohnung der besten Freundin.

Um den Liebhaber an sich zu binden, sei es hilfreich, ihm in einem gespielten Eifersuchtsanfall das Gesicht zu zerkratzen oder ihm die kalte Schulter zu zeigen: »Man muss unter die frohen Liebesspiele ab und zu eine Zurückweisung einstreuen. Lass ihn vor deiner Türe liegen, ‚oh grausame Pforte‘ klagen.«

Immer sollte die Damenwelt darauf bedacht sein, ihre eigenen Vorteile zu inszenieren und ihre Schwächen zu verstecken und »nicht für alle schickt sich ein und dieselbe Liebesstellung«. Älteren Frauen empfiehlt Ovid deshalb zum Beispiel die Reverse-Cowgirl-Stellung, damit sie die Männer nicht mit den Gesichtsfalten abschrecken. Und wer einen schönen Rücken habe, solle sich halt auf den Bauch legen.

Ovid war kein Macho oder Pick-up-Artist. Er sah die beiden Geschlechter nicht als Gegner, sondern als heimliche Komplizen im großen Spiel der Lust. Statt träge und faul zu warten, bis einen romantische Gefühle übermannen, solle man darauf setzen, dass der Appetit beim Essen kommt und die Initiative ergreifen. Und auch wenn man selbst lieber schlafen wolle, solle man Erregung vortäuschen und stöhnen, weil das den Partner errege, was wiederum die eigene Lust steigere.

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Großen Wert legte der Dichter auf den gemeinsamen Orgasmus: »Hast du die Stellen gefunden, deren Berührung der Frau Freude macht, so stehe die Schamhaftigkeit dir nicht im Wege, sie zu berühren, du wirst die Augen anschauen, die im zitternden Feuer erglänzen, Klagelaute werden hinzukommen. Und lass du nicht die Geliebte im Stich, indem du ihr mit volleren Segeln vorauseilst. Eilt gemeinsam zum Höhepunkt!«

Seid verliebt ins Verliebtsein, riet Ovid, begeistert euch an der eigenen Begeisterung. Die Liebe ist ein Spiel für Erwachsene, ein Spiel, bei dem man mal fröhlich und mal ganz ernst sein könne, und bei dem es darum gehe, den Mitspieler zu überlisten – und manchmal eben auch sich selbst. Was Ovid über das Schminken schrieb, galt seiner Meinung nach für das Leben selbst: »Nur eine Kunst, die sich zu verbergen weiß, hilft der Schönheit auf.«

Oversexed seit 10 000 Jahren: Der Pharao Echnaton trug gerne Frauenkleider, die Etrusker feierten wilde SM-Partys, mittelalterliche Mönche fantasierten von Umschnall-Dildos und schwule Indianer eroberten das Berlin der 1920er Jahre. Die Geschichte der menschlichen Sexualität ist spannend, aufregend und manchmal ein bisschen irre. Sicher ist: Wer die 100 Sex-Szenen dieses Buchs kennt, schämt sich für keine seiner Fantasien mehr – und hat deshalb mehr Spaß im Bett.

Urbi&Orbi&Amen to that. Deshalb verlosen wir gemeinsam mit den Autoren 3 Exemplare von Zehntausend Jahre Sex – verrate uns einfach in den Kommentaren, was der skurrilste Flirttip war, den du je bekommen hast. Teilnahme wie immer ab 18 und bis 20. Juni 2016!

 

Text: “Zehntausend Jahre Sex“, Nansen & Piccard, Ecowin Verlag, 208 S., 19,95 Euro,

Titelphoto: Aaron Tsuru (c) Tsurufoto.com

Beitragsbilder (c) 10000 Jahre Sex

Theresa

Theresa Lachner ist Journalistin, Systemische Sexualberaterin und die Gründerin von LVSTPRINZIP.

14 Kommentare

  • Antworten Juni 14, 2016

    Anke

    Hallo.
    Das Buch klingt großartig!

    Mein skurrilster Flirttipp war wohl, bloss nicht nein zu sagen und immer schön das zu tun, was das Gegenüber möchte, denn so macht man sich beliebt… WTF.

  • Antworten Juni 14, 2016

    un orignal

    Der skurrielste Flirttip?
    Ein Freund von mir schwört auf die “Frage des Abends”-Technik. Dabei überlegt er sich eine oder mehrere Fragen die er relativ früh im Smalltalk fallen lässt und die das Gegenüber möglichst sanft aus der Bahn werfen sollen. (Am späteren Abend lässt er den Smalltalk auch ganz weg.) Das ganze kündigt er zudem an, also: “Ich überlege mir für solche Partys immer eine Frage die dann ich den Leuten stelle. Woran wäre es gut zu glauben?” oder “Tun wir genug oder eher zu wenig?” – so in dieser Kategorie. ;)

  • Antworten Juni 14, 2016

    Verena

    sich vaginalflüssigkeit hinter die ohren als parfum auftragen, um ein möglichst deutliches pheromon-signal auszusdenden.

  • Antworten Juni 14, 2016

    Verena

    -d

  • Antworten Juni 14, 2016

    sa

    Den skurrilsten Flirttipp bekam ich wohl von meiner Oma:

    “Kindchen, so wird des doch nüscht mir dir. Komm, ich geh mit dir mal in die Disco und dann such ich dir einen aus!”

  • Antworten Juni 14, 2016

    Janina

    Mir gab man den Spruch für meinen Liebesweg: DU bist die Blume. Er muss DICH pflücken!

  • Antworten Juni 15, 2016

    Phil. G. Z.

    Die skurrilsten Tipps habe ich von einem PUA-Jünger bekommen.

    Rapport-building, negging und was es da nicht gibt.

    Eine Maßnahme ist mir besonders in Erinnerung geblieben: Sich zeitweise als nicht “date-bar” zeigen, weil man besonders hohe Ansprüche hat und besonders selektiv erscheinen soll. Dadurch werde mehr Status ausgestrahlt, wodurch das “target” einen umso begehrenswerter finden soll.

    Der betreffende Herr hat damit, soweit ich das mitbekomme, nur sehr mäßig Erfolg. :D

  • Antworten Juni 16, 2016

    Florence

    Verliebt ins Verliebtsein ist doch schon der Beste Tipp! Nur wer wirklich spielen will, fängt an zu reizen. Und nur wer wagt kann auch gewinnen!

  • Antworten Juni 16, 2016

    Maria

    Hört sich sehr spannend an! Perfekte After-Sex-Lektüre.

    Mir wurde geraten, auch ja immer allem zuzustimmen und nett zu sein. Wie langweilig!

  • Antworten Juni 16, 2016

    Jojo

    “Wenn du glaubst da koennte was gehen kuess sie einfach mitten im Gespraech. Dann kriegst du entweder eine gewatscht oder nich, immerhin weisst du wodran du bist.”

    Da frag ich die Leutze doch lieber. Und das nicht nur weil consent sexy ist.

  • Antworten Juni 17, 2016

    Martina

    Im Teenageralter wurde mir von Freundinnen geraten, mich zu schminken. Hat sich bis heute nicht schädlich ausgewirkt, darauf nicht gehört zu haben.

  • Antworten Juni 17, 2016

    Michael

    Schau Ihr tief in die Augen dann dreh dich weg, mach das ein paar mal un du wirkst unwiderstehlich.

    Das war der skurrilste und dümmste Tip den ich in meinem Leben je bekommen habe.

  • Antworten Juni 17, 2016

    Katharina S.

    Also zu erst mal muss ich sagen, dass dieser Ovid (für mich) 100% recht hat. Er war bestimmt ein guter Liebhaber. Da sieht man mal wieder , dass schon vor tausend Jahren das Liebesspiel oder die Liebe genauso wichtig war wie heute.

    Ich habe leider nie einen richtigen Flirttip bekommen. Außer das mal ein guter Freund meinte man soll sich eher zurückhaltender präsentieren. Das fiel mir immer sehr schwer da ich sehr extrovertiert bin und laut und lustig und überhaupt nicht zurückhaltend. Naja geklappt hat damals so auch nicht richtig 😂

  • Antworten Juni 18, 2016

    Poppy

    “Wenn du ein Pirat wärst, säße dein Papagei hier (tippen auf die dem Körper zu gewandte Schulter) oder hier (Arm umlegen, tief in die Augen schauen, schief (!) grinsen)?) Mögliche Antwort: “Ich mag keine Vögel, aber…” Nicht zu sehr mit Rum-Aroma mischen, aber gerne mit Selbstironie.
    // tatsächlich in der Praxis gelernt… :D

    Bei Platzmangel (bei einem Konzert): nach 20min auf-dem-Schoß-sitzen sei weiterer körperlicher Austausch eine natürliche Folge, sodass zu überlegen sei, ob sitzen bleiben oder alle 15min Sitzpolster wechseln? ah ja…

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